lassen Sie Ihre Leute mit uns gehen.´ – Hierauf wurde Marius ganz blass; große Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn, und er bekam den abwesenden Ausdruck, der immer alle Verhandlungschancen schwächer werden lässt. Plötzlich stand er mitten beim Essen auf und schrie, sich dauernd mit der Stimme überschlagend: `Nun ist´s genug, nun ist´s genug! Ihre teuflischen Pläne haben Scheinerfolge, mich und meine Leute fangen Sie doch nicht, nein, das tun Sie nicht. Glauben Sie, ich sehe Ihre Falle nicht? Sie ernten die von mir gesäten Felder ab, Sie machen sich meine Ideen zunutze, Sie versuchen unter Discreditierung und Umgehung meiner Leute Erfolge zu haben, Sie Streuen Zwietracht in meine Partei, und ich soll aus Angst bei Ihnen unterkriechen? Sie mit Ihrer hartherzigen Kälte hoffen mit mac- chiavellistischer Niedertracht Alleinherrscher in Deutschland zu sein! Ich bekämpfe jede Illegalität, aber ich bin der Sache müde und ich werfe lieber alles hin, als noch länger mit Ihnen zu reden! Verrat überall, zerfleischender Verrat am eigenen Volk und da soll ich schweigen! Hängen sollte man Sie alle.´ – Fouché: `Nu beruhigen Sie sich man! Wie können Sie mir dann die schwarzbraune Coalition erklären! Das ist doch Blutschande, wie?´ – Marius: `Die Coalition wird der Mitte schlecht bekommen, aber sie soll Sie zwingen, den Reichstag bestehen zu lassen, und uns wird sie den Weg zu Deutschlands Freiheit ebnen.´ – Fouché: `So? Also, in dürren Worten: Sie machen die Coalition, um uns zu stürzen.´ – Marius: `Ja, und um auf legalem Weg das zu erreichen, was Sie auf illegalem Wege rauben wollen.´ – Fouché: `Hören Sie ´mal! Wir haben uns hier in aller Ruhe hergesetzt, um nochmal, ohne Zeugen, ohne Beein- flussung Ihrer erregbaren Freunde mit Ihnen zu reden. Sie müssen also nun ganz ruhig werden und sich Folgendes anhören. Mit dem Stahlhelm sind wir einig, die Heeresreform ist beschlossene Sache, die Verfassungsänderung wird gemacht, also rate ich Ihnen zu folgendem Weg. Sie machen einen Erlass an Ihre Leute, ungefähr dieses Inhaltes: Um nichts unversucht zu lassen, um der Legalität treu zu blei- ben, haben wir eine Coalition mit dem Centrum versucht. Wir sind zu der Überzeugung gekommen, dass das Parlament weniger wichtig als die Nation ist, wir stellen uns wie ein Mann dem Stahlhelm zur Seite, wir arbeiten an allen vaterländischen Plänen mit und zum offenen Bekenntnis dieses erneuten Treugelöbnisses zum Vaterland fordern wir die S.A. + S.S. auf, am Stahlhelmtag teilzunehmen. Beu- then lasst Ihr fallen, indem Ihr die Euch bisher unbekannt gebliebenen Antecedenzien des Pg. Lach- mann veröffentlicht und Ihr nehmt unser Angebot vom 13. August an. Einverstanden?´ – Es herrschte, erzählte Puck, ein totes Schweigen; Marius starrte vor sich hin, Sulla trommelte leise mit den Fingern und Fouché sah zur Decke – leider mit einem leicht überlegenen, satanischen Lächeln. Plötzlich sprang Marius auf und sagte, nein schrie: `Nein, nein, nein! Ich kann nicht mehr! Ich widerstehe der Versu- chung – oder ich lege alles nieder und gehe in meine Berge! Nein, ich gehe nicht mit Ihnen, mit den reactionär-militaristisch-anti-social eingestellten Baronen! Ich bin dem Volk verbunden. und bin dem Volk und seinen Gesetzen treu. Ich kann mich Eurem kapitalistischen Regime nicht unterordnen, Ihr und der Marxismus, der Weimarer Socialismus und die Judenschaft, Ihr müsst hinweggefegt werden, um dem Deutschtum, das aus der Tiefe emporsteigt, das keine Landesgrenzen kennt, dass nur Deutsch sein will, sonst nichts, Platz zu machen! Kampf bis aufs Messer sage ich Euch an, Ihr Blutsauger, Ihr Mörder Deutscher Helden! Mit dem Centrum werde ich schon fertig.´ – Und nun, fuhr Puck fort, er- hob sich auch Fouché in aller Ruhe und sagte dem völlig in der Ekstase, im Leide schwebenden, der Erde entrückten Marius mit einer Kälte, die nur ein schnodderiger Generalstäbler aufbringen kann, so einer vom 3. Garderegiment z.B.: `Schön, dann lösen wir auf.´ – Marius: `Ha! Staatsstreich, also Kampf, Bruderkampf!´ – `Nee, mein Junge, sagte Fouché, das überlassen wir Dümmeren!! Wir lösen auf und schreiben Neuwahlen aus, ganz legal, verstehen Sie! Und dann kann Ihr feiner schwarzbrauner Block Wahlpropaganda machen, dann kann die Welt das schöne und begeisternde Schauspiel erleben, dass es Marius doch nur um die Macht, nicht aber ums Deutschtum zu tun ist, dann möchte ich ´mal die Stimmabgabe erleben, das wird ´ne janz dolle Sache, mein lieber Marius, dann wählen alle Krummna- sen aus Israël Deine braune Farbe mit, dann steht das stolze Hakenkreuz auf dem Altar Jehovas, dann hat sich´s ausjewodant, und warum? Weil die Herren Marius und Co. doch die Macht, die Macht allein anstreben!´ – Marius zischend: `Und wenn Father Xmas stirbt?´ – Sulla: `Dann, meine ich, überlassen wir´s dem lieben Gott, was er aus Deutschland macht!´ – Marius: `Sie sind Teufel, Teufel, Teufel, rast im Zimmer herum, nun weiß ich ja, wem ich gegenüberstehe!´ – Fouché: `Ja, Heilige sind wir ja nicht, aber die endgültige Kriegserklärung würde ich mir doch überlegen. 140